Lange 90 Minuten
Wer schon einmal Fußball gespielt hat, der weiß, dass es kurze und lange Spiele gibt. Partien mit vielen Toren aber wenig Spannung gehen schnell vorüber. Doch es sind die Spiele, die eine gefühlte Ewigkeit dauern, für die wir den Fußball so lieben. Ein weiteres Exemplar haben wir gestern in unsere Sammlung eingefügt. Über 90 spannungsgeladene Minuten haben wir gestern den Rotenburger SV mit 2:0 besiegt. Es war das Viertelfinale des Krombacher Niedersachsenpokals. Folgerichtig stehen wir nun im Halbfinale und sind nur noch zwei Siege vom größten Traum eines jeden Amateurfußballers entfernt. Der Weg bis hierhin war allerdings ein schwerer.
Nervös, verunsichert und unglücklich
Die Zuschauer im reichlich vollen Hasestadion sahen eine erste Halbzeit, die wenig von dem hielte, was sie versprach. Einzig und allein die Spannung wurde durch das fußballerisch spärliche Niveau aufrechterhalten, weil beide Teams ohne Torerfolg in die Pause gingen. Unsere Jungs wussten, wie wichtig dieser Erfolg im Pokal nach zwei Niederlagen in der Liga war. Es waren aber die Gäste aus Rotenburg, die die größte Chance zur Führung verbuchten: Nach wenigen Minuten vertändelte Santiago Aloi den Ball nahe der Grundlinie und ließ so eine Flanke in den Rückraum zu, wo ein Rotenburger Spieler aus guter Position nur die Latte traf. Auf der anderen Seite suchte unsere Offensive um Moritz Waldow und Michel Eickschläger immer wieder Lösungen, konnten aber selten gefährliche Abschlüsse produzieren. Jules Reimerink vergab die einzige richtig gute Chance, weil ein Rotenburger Verteidiger seine Füße rechtzeitig vor der Linie sortiert bekam und den Ball so abfälschen konnte.
Zu allem Überfluss ging das Spiel nach 37 Minuten ohne den so formstarken Michel weiter. Nach einem Luftzweikampf kam der quirlige Außenstürmer so unglücklich auf, dass er trotz Behandlung ausgewechselt werden musste. Wie gravierend die Verletzung wirklich ist, wird sich in den kommenden Tagen herausstellen. Für ihn kam Saikouba Manneh neu auf den Platz.
Ganz egal wie: Die Führung
Eine zentrale Stärke unserer Mannschaft in dieser Saison ist ihr Auftreten direkt nach dem Wiederanpfiff. Bereits mehrere Male konnten wir wichtige Tore in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit erzielen und so Spiele für uns entscheiden. Gestern war das nicht anders.
Mit der ersten ordentlichen Kombination nach der Pause konnten wir in den Strafraum vordringen, wo Jules Reimerink im Zweikampf mit der Rotenburger Defensive zu Fall kam. Was von außen nicht nach einem Muss-Elfmeter aussah, reichte für Schiedsrichter Jannik Weinkauf dennoch für den Pfiff – Elfmeter! Patrick Greten, zentraler Spieler der laufenden Saison, nahm sich der Sache an und verwandelte sicher zum 1:0. Und ja: Der Jubel war natürlich groß. Noch viel größer war aber das kollektive Durchatmen. Das erste Tor war geschossen, die Tür zum Halbfinale war offen.
Das große Chancenvergeben im Hasestadion
Was sich nun entfaltete, war ein deutlich ansehnlicheres Spiel mit mehr Tempo und offenen Visieren auf beiden Seiten. Der RSV musste für sein Weiterkommen nun ein Tor in der regulären Spielzeit schießen und unsere Jungs wussten, dass ein zweites Tor das Spiel entscheiden würde. Das Ruder übernahmen aber vorrangig die Gäste. Unsere gestern wirklich stabile Abwehr wurde teilweise tief in die eigene Hälfte und in den Sechzehner gedrängt. Dadurch kam unsere Offensive über die schnellen Lars Spit und Saikouba Manneh aber auch häufiger in die tiefen Räume. Bis tief in die Schlussphase folgte das Spiel einem ähnlichen Muster.
Rotenburg suchte den Abschluss über einen spielerischen Ansatz zwischen unseren Ketten. Bei unseren Ballgewinnen folgte schnell der lange Ball in die Spitze. Kamen diese Pässe an, wurde es einige Male brandgefährlich vor dem Rotenburger Tor. Eine einzige Sache verhinderte, dass dieses Viertelfinale nicht schon zwanzig Minuten vor Abpfiff zuende war: unsere Chancenverwertung. Schlechte letzte Pässe, fehlende Übersicht, klägliche Abschlüsse. Es war ein frustrierendes Bild im Hasestadion voller Fans, die sich nichts mehr wünschen, als die Gewissheit eines Einzugs ins Halbfinale.
Ein zweites Mal durchatmen
Diese Gewissheit brachte Lars Spit dann in der Nachspielzeit. Als ein vielversprechender Angriff mal wieder zu versanden drohte, prallte der Ball zu Lars an der Strafraumkante. Der Niederländer nahm die Kugel volley aus der Luft und entlud mit einem Schuss den ganzen Frust der letzten Wochen. Satt getroffen, unhaltbar, 2:0. Frenetischer Jubel auf den Rängen, gelöste Stimmung auf dem Platz. Wir sind im Halbfinale. Pure Erleichterung.
Und jeder Einzelne, der es in diesem Moment mit dem Kleinstadtclub hielt, durfte an diesem Tag zum zweiten Mal tief durchatmen. Jetzt dürfen wir uns erstmal ein paar Monate ‚Halbfinalist‘ nennen, ehe die Finalteilnehmer ausgespielt werden. In der Liga versuchen wir am Sonntag beim TSV Pattensen in die Spur zu finden.